VHF – Wasser sicher und kontrolliert geführt

Regeln, Richtlinien, Normen und Empfehlungen für die konstruktiv sichere Wasserführung bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden

Vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) sind langlebig, wartungsfrei und stellen eine wirtschaftlich interessante Lösung zur Wertsteigerung von Gebäuden dar. Vor dem Hintergrund, dass bereits Windstärken zwischen 3 und 4 dafür sorgen können, dass Niederschläge in einem 45-Grad-Winkel auf die Fassade treffen können, unterliegen Feuchteschutz und Wasserführung bei VHF klaren Regelungen. Deswegen gilt für alle VHF unmissverständlich: Äußere Anschlüsse einer Fassade müssen so ausgeführt werden, dass kein Niederschlagswasser in die Fassade eindringen kann. Die Konstruktion muss sicherstellen, dass der innere Fugenaufbau dampfdiffusionsdicht und der äußere dampfdurchlässig ausgeführt werden.

Offene und geschlossene Fugen

Die konstruktive Trennung von Fassadenbekleidung und Wärmedämmung gewährleistet einen wirkungsvollen Witterungsschutz. Ein effizienter Tauwasser- und Regenschutz zählt zu wesentlichen Aufgaben vorgehängter hinterlüfteter Fassaden. Entsprechend der DIN 4108-3 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz; Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung gelten VHF als schlagregensicher. Vorgehängte hinterlüftete Fassadensysteme sind in die Beanspruchungsgruppe III für starke Schlagregenbeanspruchung eingeordnet.

  Schlagregen-    Beanspruchung
(nach DIN 4108-3)

 

Gruppe I

 

Gruppe II

 

Gruppe III

Beanspruchung

gering

mittel

stark

Jährlicher Niederschlag

< 600 mm

< 800 mm

> 800 mm

Lage

geschützt

gering

mittel

Eindringende Feuchtigkeit oder Tauwasser werden durch die Hinterlüftung der VHF sicher abgeführt – nach DIN 18516-1 unabhängig davon, ob die Bekleidungselemente der Fassade „gestoßen“, „überdeckt“ sowie mit „geschlossenen oder offenen Fugen“ ausgeführt werden. Entsprechende Be- und Entlüftungsöffnungen (Mindestmaß: 50 cm2 je Meter Dachlänge) sind am Gebäudefußpunkt und am Dachrand vorzusehen.

Grundsätzlich gilt: Die Schlagregensicherheit von VHF ist unabhängig von der Größe der jeweiligen Bekleidungselemente gewährleistet.

Ein Blick auf die Gestaltung der Fugen zeigt: Offene Fugen fördern die Belüftung und sorgen dafür, dass sich weniger Schmutz ablagern kann. Nicht zuletzt deswegen fordert die VOB C ATV DIN 18351 offene Fugen. Die häufig aus Kostengründen eingesetzten vertikalen Unterkonstruktionen haben dabei keinerlei Auswirkungen auf die bauphysikalische Funktionssicherheit. Voraussetzung ist ein ausreichend dimensionierter Hinterlüftungsraum sowie die Verwendung von Bekleidungen mit Befestigungen auf systemkonformen Unterkonstruktionen.

In Abhängigkeit von Parametern wie Befestigung, Bekleidung, Hinterlüftungsraum und Unterkonstruktion ist ein teilweises Hinterlegen oder gar der vollständige Fugenverschluss durch H-Profile oder Dichtstoffe möglich – oder manchmal auch nötig, muss aber bereits bei der Planung Berücksichtigung finden.

VHF – Wasser sicher und kontrolliert geführt

Befestigungen

Befestigungen wie Niete, Klammern oder Schrauben an der sichtbaren Seite der Bekleidung können das Ablaufen des Niederschlagswassers behindern. Im Zusammenspiel mit Verschmutzungen sorgen sie für sogenannte „Abläufer“ und beeinträchtigen das optische Erscheinungsbild einer VHF. Verdeckte Befestigungen wie Hinterschnittanker werden auf der Rückseite der Fassadenelemente befestigt und verhindern optische Beeinträchtigungen der Fassadensichtseite.

Möglichkeiten, metallische Werkstoffe zu kombinieren

Die jeweiligen bauaufsichtlichen Zulassungen geben Auskunft über Korrosionsschutz und Korrosionsbeständigkeit. Über die Verträglichkeit metallischer Werkstoffe untereinander gibt die DIN 18516-1 Auskunft. Grundsätzlich gilt (besondere Hinweise zum Korrosionsschutz entnehmen Sie bitte dem Absatz 7 DIN 18561-1):

 

Aluminium

Al

Blei

Pb

Kupfer

Cu

Titanzink

Zn

Nichtrostender Stahl S.S.

Verzinkter Stahl VSt.

  Al

     +

  +

  –

     +

     +

     +

  Pb

     +

  +

  +

     +

     +

     +

  Cu

     –

  +

  +

     –

     +

     –1,2

  Zn

     +

  +

  –

     +

     +

     +

   S.S.

     +

  +

  +

     +

     +

     +

   VSt.

     +

  +

  –2

     +

     +

     +

     1 Im Außenbereich sind Stahlstifte nicht zulässig

     2 Galvanische Verkupferungen verzinkter Bauteile können Korrosion beschleunigen.

     Sie stellen keinen Korrosionsschutz dar.

Fensterbänke

Fensterbänke und Dachüberstände tragen nicht nur zum optischen Erscheinungsbild einer Fassade bei. Sinn und Zweck dieser Bauteile ist es, zur kontrollierten Abführung von Niederschlagswasser durch konstruktive Maßnahmen beizutragen. Eine Fülle unterschiedlicher Richtlinien, Normen und Empfehlungen stellt dazu die unterschiedlichsten Forderungen auf. Welche dieser Regelungen zur Anwendung kommt, ist Sache des Ausschreibenden oder des Ausführenden.

So fordert die VOB C ATV DIN 18351: „Niederschlagswasser ist durch konstruktive Maßnahmen abzuleiten. In Fließrichtung des Wassers sind schädigende Einwirkungen durch chemische und elektrochemische Prozesse auszuschließen.“

In der VOB C ATV DIN 18360 wird gefordert, „Außenfensterbänke im Leibungsbereich aufzukanten oder mit Endstücken zu versehen. Stöße sind mit Labyrinthdichtungen auszubilden.“ Außerdem sei eine thermische Längenänderung zu berücksichtigen.

Dem Leitfaden für die Montage von Fenstern und Türen zufolge wird ein Abstand der wirksamen Tropfkante vor der Fassadenoberfläche von mindestens 30 bis 50 Millimeter empfohlen. Die Neigung der Fensterbänke im eingebauten Zustand soll 5 Grad nicht unterschreiten.

AlBau – das Aachener Institut für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik dazu: „Die Oberfläche der äußeren Sohlbank sollte eine Neigung von ca. 10 Grad erhalten und das Wasser ca. 5 Zentimeter vor der Außenwandoberfläche abtropfen.“

Abdeckungen und Dachüberstände

Grundsätzlich gelten in diesem Bereich die gleichen Vorgaben wie für Fensterbänke nach DIN 18351. Detaillierte Angaben für Abdeckungen und Dachüberstände beinhaltet die ATV nicht. Eine praxisbewährte Orientierung bietet die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“. Im Pos. 6.3.1 Abs. 3 ist festgelegt, dass der Abstand der Tropfkante von den darunter liegenden Bauteilen mindestens 20 Millimeter betragen muss. Und weiter: „Bei Verwendung von Kupfer beträgt der Mindestüberstand 50 Millimeter.“ Zudem seien Verunreinigungen durch abtropfendes Wasser zu vermeiden. Der folgende Absatz (Pos. 6.3.1 Abs. 4) besagt, dass die vordere Abkantung die Fassadenoberkante und besonders die zu schützende Fuge in Abhängigkeit von der Gebäudehöhe wie folgt überdecken soll.

   bis 8 Meter

 mind. 50 Millimeter

   8 bis 10 Meter

 mind. 80 Millimeter

   über 20 Meter

 mind. 100 Millimeter

Flächenbündig eingebaute Fenster

Entwicklungen der modernen Architektur sorgen zunehmend für einen flächenbündigen Fenstereinbau. Für Fensterbänke bleibt da kein Platz mehr. In der Folge nimmt die Bedeutung von Bauteil- und Bauteilanschlussfugen zu. So ist die Dichtungsebene zwischen Verankerungsgrund und Blendrahmen verortet. Die Leibungsbekleidung der VHF übernimmt keine dichtende Funktion.

Horizontal angeordnete Systemwechsel innerhalb einer Fassade – beispielsweise die Kombination aus VHF und verputzter Flächen – ist in unterschiedlichen Varianten anzutreffen.

VHF oberhalb verputzter Flächen schließen konstruktiv ab. Wichtig hierbei ist neben dem Einbau eines Lüftungsgitters vor allem, dass die maximalen, vertikalen Randabstände der letzten Befestigungspunkte Beachtung finden. Außerdem ist an der Unterseite des Lüftungsprofils und der oberen Kante der geputzen Fläche ein systemkonformes Dichtungsband einzuziehen.

Bei VHF unterhalb verputzer Flächen ist der Einbau eines Gesimsblechs (Mindestneigung 5 Grad, Überstand 20 Millimeter zzgl. Tropfkante) erforderlich. Angemerkt sei hier, dass eine Schlierenbildung aufgrund von ablaufendem Niederschlagswasser, welches über das Gesimsblech abgeführt wird, auf der VHF-Bekleidung nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann.

Allgemeine Anmerkungen

Systembedingt sind vorgehängte hinterlüftete Fassaden wartungsfrei und  erfordern nur äußerst geringe Instandhaltungsarbeiten. Wartungs- und Instandhaltungsverträge sollten neben anderen Positionen eine Kontrolle auf mögliche Schäden durch eine unzureichende Wasserführung beinhalten.

Bei der Bemessung des Hinterlüftungsraums werden 20 Millimeter Tiefe empfohlen, um eine dauerhafte Störungsfreiheit hinsichtlich der konstruktiven Wasserführung zu gewährleisten. Ein Verschluss von Fugen sollte vermieden werden, um die bauphysikalische Funktion sicherzustellen. Ist der Kontakt der Fassadenbekleidung mit Spritz-, Tauwasser oder Taumitteln nicht auszuschließen, so sollte dieser Umstand bei der Auswahl der Bekleidungsmaterialien mit einfließen.

 

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